
Veröffentlicht am: 11.04.2019
Zum Auftakt der neunten Runde stellen wir die Frage „Kooperationsvereinbarungen zwischen der Polizei und dem privaten Sicherheitsgewerbe – Augenwischerei, pures Marketing oder probates Präventionskonzept? Was bringen die Kooperationsvereinbarungen wirklich?“
Im Interview mit
Bernd M. Schäfer · Geschäftsführender Gesellschafter der Atlas Versicherungsmakler für Sicherheits- und Wertdienst GmbH,
Klaus Bouillon · Präsident des BVMS e.V.,
Michael Metz · Chief Operational Adviser und Ausbilder in der Frankfurter Niederlassung der Klüh Security GmbH,
Peter Haller · Geschäftsführender Gesellschafter der All Service Sicherheitsdienste GmbH,
Dirk Dernbach · Geschäftsführer der SECURITAS Sport & Event GmbH & Co. KG
Eine kurze Einleitung
In der Mehrheit der deutschen Bundesländer bestehen inzwischen offizielle Kooperationsvereinbarungen zwischen der Polizei und dem privaten Sicherheitsgewerbe – für Letzteres explizit ohne unmittelbare Umsätze. Die Zusammenarbeit dient laut den beteiligten Partnern der Kriminalprävention. Die jüngste Vereinbarung wurde im vergangenen November in Brandenburg unterzeichnet – öffentlichkeitswirksam vor der Presse wie in den anderen Fällen auch. Doch kaum dass die Tinte auf den Papieren trocken ist, hört man in der Regel nichts mehr davon. Augenwischerei, pures Marketing oder probates Präventionskonzept? Was bringen die Kooperationsvereinbarungen wirklich?

Bernd M. Schäfer
Geschäftsführender Gesellschafter der ATLAS Versicherungsmakler für Sicherheits- und Wertdienste GmbH
„Schafft ein Umfeld für kreative Ideen“
Sicherlich geht es in vielen Fällen von Seiten der Polizei oder anderer Behörden nur um ein Signal an die Öffentlichkeit, um ein höheres und „kostenloses“ Sicherheitsgefühl zu erreichen. Sicherlich ist es von vielen Sicherheits-Dienstleistern eher ein ebenso mit geringen Kosten verbundener Marketingansatz, den insbesondere große und überregionale Unternehmen gerne nutzen. Über die Kooperationen auf lokaler Ebene hört man wenig. Diese Partnerschaften, in denen Sicherheits-Unternehmen zum Beispiel Hausrechte an bestimmten Plätzen erhalten und damit auch Platzverweise aussprechen können, erscheinen nicht in den Medien, obwohl dadurch effektive Sicherheit entsteht. Ob dafür eine medienwirksame Kooperationsvereinbarung erforderlich ist, darf bezweifelt werden. Insoweit haben solche Vereinbarungen weniger einen direkten Effekt auf die Sicherheit; sie schaffen aber ein Umfeld, in dem dann kreative Sicherheits-Verantwortliche Ideen lokal entwickeln können.

Dirk Dernbach
Geschäftsführer der SECURITAS Sport & Event GmbH & Co. KG
„Manchmal läuft es gut, manchmal nicht – wie im richtigen Leben“
Das ist wie im richtigen Leben: Manche Partnerschaften laufen gut, manche weniger gut, und manchmal ist es auch besser, dass man sich trennt. Grundsätzlich begrüße ich die Idee, gehörte ich doch obendrein zu den Ersten, die diese Kooperationen angestoßen haben. Jedoch sagte mir bereits vor 20 Jahren ein leitender Polizeidirektor, dass es in seinen Reihen schwierig sei, einigen Köpfen bewusst zu machen, dass diese Partnerschaft nur Vorteile mit sich bringt. Ich habe das Gefühl, dass sich diese Partnerschaft heute überwiegend auf eine Meldetätigkeit der Privaten an die Polizei beschränkt. Bei der Partnerschaft in Essen spricht man von rund 200 Meldungen, die die Polizei jährlich erreicht – leider in der Regel ohne jegliche Rückmeldung. Im Jahrzehnt des Datenschutzes vielleicht auch nicht machbar. Um von einer richtigen Partnerschaft zu sprechen, hapert es oftmals noch an einigen Ecken. Aber um es mit dem Logo von der Mutter des „Marktplatzes Sicherheit“ auszudrücken: Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen!

Klaus Bouillon
Präsident
„Vor den BDSW-Karren gespannt“
Die Kooperationsverträge mit der Polizei sind ein sehr guter Ansatz. Der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) leistet dabei sehr gute Pionierarbeit. Dennoch sind diese Kooperationsverträge nicht von langer Dauer. Das ist dem Umstand zu schulden, dass nur wenige Sicherheits-Unternehmen die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen. Auch der Umstand, dass nur BDSW-Mitgliedsunternehmen an diesen Kooperationsverträgen teilnehmen können, fördert nicht wirklich die Öffentlichkeitsarbeit. Die Polizei hat sich vielmehr durch diese Kooperationsverträge vor dem Karren des BDSW spannen lassen und fördert damit dessen Mitgliedsunternehmen. Im Anbetracht dessen, dass neben den Konzernen mit ihren selbstständigen Niederlassungen gerade einmal 5,72 Prozent aller Sicherheits-Unternehmen Mitglied im BDSW sind, habendiese Verträge sicherlich mehr Bedeutung für die großen Sicherheitskonzerne. Eine gesonderte Fortbildungsstufe könnte Abhilfe schaffen. Somit könnten Kooperationen geschlossen werden, ohne dem Umstand der Verbandszugehörigkeit Rechnung tragen zu müssen.

Michael Metz
Niederlassungsleiter Rhein-Main & Region Süd bei Apleona Security Services
„Polizei und Private rücken zusammen“
Von „Augenwischerei“ und „purem Marketing“ kann hier gar keine Rede sein. Ich habe selbst als junger Sicherheits-Mitarbeiter die Anfänge der Zusammenarbeit mit der Polizei erlebt und kann eigentlich nur von positiven Erfahrungen sprechen. Beide Seiten können in der Zusammenarbeit und im gegenseitigen Austausch voneinander lernen – und tun das auch. Die privaten Sicherheits-Dienstleister profitieren beispielsweise von den Erfahrungen der Polizei bei der Planung von Events und der Risikoanalyse. Im Gegenzug wächst die Wertschätzung der Sicherheitsbeamten gegenüber den Kollegen aus der Privatwirtschaft, denn sie merken natürlich in der Praxis und sozusagen hautnah, dass die Qualität der Dienstleistung in den letzten Jahren erheblich gestiegen ist. Das trägt darüber hinaus sicherlich auch zur Imageverbesserung des Sicherheitsgewerbes bei. Man rückt im wahrsten Sinne des Wortes zusammen. Es mag richtig sein, dass die öffentlichkeitswirksame Unterzeichnung der Kooperationsverträge ein bisschen in Richtung Marketing gehen. Warum auch nicht? Aber in der praktischen Arbeit geht es wirklich um Inhalte – und Taten im Interesse der Kriminalprävention.

Peter Haller
Geschäftsführender Gesellschafter der All Service Sicherheitsdienste GmbH
„Kein Mittel der unmittelbaren Umsatzgenerierung“
Die Zusammenarbeit zwischen der Polizei und den privaten Sicherheitsdiensten besteht schon viel länger, als es uns die Kooperationsvereinbarungen, die öffentlichkeitswirksam mitgeteilt werden, vermitteln. Jedes seriöse Unternehmen nimmt in den Gebieten, in denen es tätig ist, Kontakt mit dem jeweiligen Polizeirevier auf, besonders wenn es um die Alarmverfolgung geht. Das ist ein aktives Aufeinander-Zugehen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es durchaus auch im Interesse der Polizei ist, bei Aufträgen, die ein besonderes Fingerspitzengefühl erfordern, kontaktiert und informiert zu werden. Den regelmäßigen Austausch im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung erachte ich für wichtig. Jedoch sollten die privaten Sicherheits-Dienstleister nicht erwarten, dass diese Kooperationen zur unmittelbaren Umsatzgenerierung dienen.