Veröffentlicht am: 05.05.2021

Raphael aus der Wiesche

Raphael aus der Wiesche ist am 18.07.1997 in Neu-Ulm geboren. 2016 hat er erfolgreich sein Abitur abgeschlossen und im selben Jahr mit dem Studium der Rechtswissenschaften an der Friedrich-Wilhelms – Universität in Bonn begonnen.
Seit 2017 lebt und studiert er in Berlin.
In seinem Studium interessiert er sich besonders für das allgemeine Sicherheits- und Ordnungsrecht.

Arbeitszeiten

Bei der Bestimmung rechtlich zulässiger Arbeitszeiten ist eine Fülle von Vorschriften zu beachten. Eine Missachtung des rechtlich Zulässigen kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Anhand des Textes soll dem Leser das ausgeklügelte Zusammenspiel von Arbeitszeiten mit Ruhepausen und Ruhezeiten nähergebracht werden. Das Arbeitszeitgesetz setzt dabei den flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten des Arbeitgebers aus gesundheitlichen Erwägungen einen „Deckel“ darauf. Vorab soll schonmal darauf hingewiesen werden, dass die Vorschriften durch Tarif- oder Einzelverträge ganz oder teilweise außer Kraft gesetzt werden können.

I. Arbeitsrechtliche Grundlage

Die Gestaltung der Arbeitszeiten steht dem Arbeitgeber grundsätzlich frei. Bei der Erstellung von Tarif- oder Einzelverträgen dürfen die Minimalforderungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) allerdings nicht unterschritten werden.

Das ArbZG verfolgt im Wesentlichen drei Ziele:

  • Sicherheits- und Gesundheitsschutz von Arbeitnehmern
  • Verbesserungen der Rahmenbedingungen bei der Gestaltung flexibler Arbeitszeiten
  • Schutz der Sonntags- und Feiertagsruhe zur Regenerierung

Das ArbZG wurde in der Vergangenheit mehrfach geändert, insbesondere durch eine Reform im Jahre 2003. Dadurch wurden die Normen an die Vorgaben der Europäischen Union angepasst. Das Arbeitszeitgesetz ist allerdings nur für Tätigkeiten in Deutschland anwendbar. Ebenso gilt es nur für Arbeitsverhältnisse im Sinne des Bürgerlichen Rechts. Selbstständige sind von den Schutznormen nicht erfasst. Die folgenden Abschnitte über Arbeitszeit, Ruhepausen und Ruhezeiten beziehen sich auf den Normalfall. In bestimmten Fällen sind Ausnahmen jedoch dringend geboten. Unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist, wird in Abschnitt II. dargelegt. Wenn Du mehr über Sonderregeln durch Tarifverträge erfahren möchtest, gehe direkt zu Abschnitt III.

Arbeitszeit

Die Arbeitszeit darf eine Dauer von acht Stunden nicht überschreiten, § 3 ArbZG. Ausnahme: die Arbeitszeit kann auf bis zu zehn Stunden verlängert werden, wenn in einem Ausgleichszeitraum von sechs Monaten insgesamt der Durchschnitt bei acht Stunden nicht überschritten wird. Diese Ausnahme gilt allerdings nicht für Jugendliche. Hier herrscht eine strenge Acht-Stunden-Grenze. Bei der Berechnung des Ausgleichszeitraums dürfen nur Werktage miteinbezogen werden.

Ruhepausen

Die Arbeitszeiten müssen durch Ruhepausen unterbrochen werden. Während dieser Ruhepausen darf nicht gearbeitet werden, und der Arbeitnehmer muss sich auch nicht dafür bereithalten. Er darf entscheiden, wo und wie er seine Pause verbringen möchte. Damit eine Ruhepause auch Erholung gewährleisten kann, muss sie stets 15 Minuten oder länger dauern. Bei einer Arbeitszeit von sechs bis zu neun Stunden sind dem Mitarbeiter 30 Minuten Pause zu gewährleisten. Tätigkeiten von neun bis zehn Stunden sind mindestens für 45 Minuten zu unterbrechen. Wann die Ruhepausen einzulegen sind, entscheidet der Arbeitgeber. Länger als sechs Stunden darf allerdings nicht gearbeitet werden. Da eine Pause die Tätigkeit unterbrechen soll, darf sie weder an den Anfang noch ans Ende eines Arbeitstages gelegt werden. Für Jugendliche gelten nach § 11 des Jugendarbeitsschutzgesetzes mildere Bestimmungen:

Jugendlichen müssen im Voraus feststehende Ruhepausen von angemessener Dauer gewährt werden. Die Ruhepausen müssen mindestens betragen

  • 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als viereinhalb bis zu sechs Stunden
  • 60 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden.

Ruhezeit

Neben Ruhepausen müssen auch zeitliche Bestimmungen zur Ruhezeit beachtet werden. Nach § 5 ArbZG ist Arbeitnehmern eine Ruhezeit von elf Stunden zur ungestörten Erholung zu gewährleisten. Die Ruhezeit bezeichnet den Zeitpunkt zwischen Beendigung eines Arbeitstages bis zur nächsten Arbeitsaufnahme (in Krankenhäusern, Gaststätten und Verkehrsbetrieben gelten Sonderreglung, welche für das Sicherheitsgewerbe aber unbeachtlich sind).

Möglich ist aber auch während der Ruhezeit eine Inanspruchnahme, wenn der Mitarbeiter Rufbereitschaft leistet. Das ist eine besondere Form des Bereitschaftsdienstes und gilt nicht als Arbeitszeit. Wird der Arbeitnehmer jedoch tatsächlich herangezogen, ist ihm am Ende seines Einsatzes ein neuer ununterbrochener Ruhezeitraum zuzubilligen.

Nacht- und Schichtarbeit

Nacht- und Schichtarbeit sind ein höchst relevantes Thema für die Sicherheit, da die zu bewachenden Objekte nicht in Teilzeit, sondern oftmals 24 Stunden täglich zu schützen sind. In § 6 ArbzG ist etwas rätselhaft anmutend formuliert: „Die Arbeitszeit der Nacht- und Schichtarbeitnehmer ist nach den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit festzulegen“. Was zählt zu den arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen? Was ist genau mit menschengerecht gemeint? Fest steht, dass Nacht- und Schichtarbeit zu einer erhöhten gesundheitlichen Belastung führen. In der Schichtplanung müssen physiologische und psychologische Faktoren berücksichtigt werden, um die Belastung so gering wie möglich zu halten.

Folgende Erkenntnisse wurden in einer von der Landesregierung NRW in Auftrag gegebenen Untersuchung unter anderem festgehalten:

die Masse macht’s: vor allem Dauernachtarbeit erhöht in besonderem Maße das Risiko für gesundheitliche Beeinträchtigungen
mit zunehmender Anzahl aufeinanderfolgender Nachtschichten steigt das Risiko für ein sich anhäufendes Schlafdefizit und für Müdigkeit, Fehlleistungen und Unfälle
kurz-vorwärts-rotierende Schichtsysteme (zum Beispiel 2 Früh-, 2 Spät-, 2 Nachtschichten) sind im Vergleich zu lang-rotierenden Schichtsystemen (mindestens 7 Früh-, 7 Spät-, 7 Nachtschichten) gesünder und sozialverträglicher.
Nach § 6 Abs. 4 ArbZG hat der Arbeitgeber den Nachtarbeitnehmer auf dessen Verlangen auf einen für ihn geeigneten Tagesarbeitsplatz umzusetzen, wenn dem keine dringenden betrieblichen Erfordernisse entgegenstehen und

nach arbeitsmedizinischer Feststellung die weitere Verrichtung von Nachtarbeit den Arbeitnehmer in seiner Gesundheit gefährdet oder
im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter zwölf Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann oder
der Arbeitnehmer einen schwerpflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen hat, der nicht von einem anderen im Haushalt lebenden Angehörigen versorgt werden kann.
Nachtarbeitnehmer ist, wer mindestens zwei Stunden in der Nacht arbeitet. Als Nachtarbeit gilt die Zeit zwischen 23 Uhr abends und 6 Uhr morgens.

Sonn- und Feiertagsruhe

Die Sonn- und Feiertagsruhe wird durch § 9 ArbZG geschützt. Im Regelfall darf an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen nicht gearbeitet werden. Dies betrifft den ganzen Tag, also die Zeiten von 0 bis 24 Uhr. In Unternehmen mit Schichtbetrieb darf von diesem Grundsatz abgewichen werden. Um den Rhythmus der Schichtwechsel beibehalten zu können, ist es erlaubt, die Feiertagsruhe um bis zu sechs Stunden vor- oder zurückzuverlegen. Macht der Arbeitgeber davon Gebrauch, muss die anschließende Betriebsruhe für alle einheitlich 24 Stunden betragen.

Das Sonntagsverbot gilt nicht für alle Branchen. Ausgenommen nach § 10 ArbZG und somit an Sonntagen erlaubt sind unter anderem

Arbeiten zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
das Bewachungsgewerbe
nicht gewerbliche Veranstaltungen

Folgen von Verstößen

Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz werden mit Bußgeldern oder Strafen sanktioniert. Inhalt und Umfang richten sich nach §§ 22 und 23 ArbZG. Das Bußgeld kann bis zu 15.000 Euro betragen. Dabei muss der Arbeitgeber vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben. Er trägt im Allgemeinen die Verantwortung dafür, dass die Arbeitnehmer die Vorschriften des ArbZGs umsetzen. Für fahrlässige Pflichtverletzungen haftet das Unternehmen. Fällt dem Arbeitgeber Vorsatz zur Last, hat er den Verstoß zu vertreten. Sofern kein Ordnungswidrigkeitsverfahren in Gang gesetzt wurde, ist der Fall nach zwei Jahren verjährt.

Eine Straftat begeht, wer einen Verstoß vorsätzlich begeht und dadurch die Gesundheit oder Arbeitskraft eines Arbeitnehmers gefährdet oder den Verstoß beharrlich wiederholt. Als Rechtsfolge sind eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen vorgesehen. Handelt es sich bei dem Arbeitgeber um eine juristische Person, so haftet der gesetzliche Vertreter.

II. Außergewöhnliche Fälle

In Notfällen und außergewöhnlichen Fällen dürfen die Vorschriften zur Höchstarbeitszeit sowie zu Ruhe- und Pausenzeiten ausnahmsweise gebrochen werden. Dies setzt eine unvorhersehbare Situation voraus, in der die Gefahr eines Schadens droht, der viel gewichtiger ist als der vom ArbZG verfolgte Schutzzweck. Ein Fall ist außergewöhnlich, wenn er einmalig und unvorhersehbar ist. Die Ausnahme ist nur dann gerechtfertigt, wenn keine zumutbaren technischen oder organisatorischen Abhilfemaßnahmen bereitstehen. Minderjährige dürfen nur dann einspringen, wenn keine volljährigen Arbeitskräfte zur Verfügung stehen.

III. Abweichende Vereinbarung in Tarifverträgen

Wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst fallen, dürfen tarifvertraglich abweichende Regeln zu § 3 ArbZG vereinbart werden. In einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung kann zugelassen werden, die Arbeitszeit über zehn Stunden werktäglich zu verlängern (§ 7 Abs. 1 ArbZG). Dabei ist eine Ausgleichspflicht auf 48 Stunden Wochenarbeitszeit innerhalb von sechs Monaten zu beachten.

Sofern sichergestellt wird, dass die Gesundheit der Arbeitnehmer nicht gefährdet wird, darf die werktägliche Arbeitszeit auch ohne Ausgleich über acht Stunden verlängert werden. Außerdem muss der Arbeitnehmer der Ausdehnung seiner Arbeitszeiten zustimmen. Er kann seine Einwilligung mit einer Frist von sechs Monaten schriftlich widerrufen. § 7 Abs. 7 ArbZG stellt klar, dass der Arbeitgeber einen Mitarbeiter nicht benachteiligen darf, weil dieser die Einwilligung zur Verlängerung der Arbeitszeit nicht erklärt oder die Einwilligung widerrufen hat.

Im Regelfall darf auch Sonntagsarbeit nur in Maßen stattfinden. Nach § 12 Abs. 1 ArbZG darf der gesetzliche Regelfall von mindestens 15 arbeitsfreien Sonntagen jährlich durch Tarifvereinbarungen unterschritten werden.

IV. Sonderfall Zwölf-Stunden-Schichten

Nach § 12 Abs. 3 ArbZG kann die Schichtlänge an Sonn- und Feiertagen auf bis zu zwölf Stunden verlängert werden, wenn dadurch zusätzliche freie Schichten an Sonn- und Feiertagen anfallen und die Mindestruhezeit von elf Stunden innerhalb von 24 Stunden nicht verletzt wird. Besonders für vollkontinuierliche Schichtmodelle, also den unterbrechungsfreien Betrieb, hat dieses Arbeitszeitmodell Vorteile. Im Sicherheitsgewerbe kommt das Zwölf-Stunden-System bei unterbrechungslosen Bewachungsaufgaben in Betracht. Hierbei werden die drei achtstündigen von zwei zwölfstündigen Schichten ersetzt.

Gemäß diesen Schichtplänen muss der Arbeitnehmer nur an der Hälfte der Kalendertage arbeiten. In dreigliedrigen Schichtplänen ist eine Arbeitsbelastung an drei Viertel der Kalendertage vorgesehen. Längere Schichten führen zu mehr freien Abenden. Der Arbeitnehmer kann dadurch leichter am Sozialleben teilhaben. Ebenso spart er Zeit ein, die er für den Weg zum Arbeitsplatz aufwenden muss. Auch der Betrieb profitiert von dem zweigliedrigen Schichtmodell. Indem pro Tag ein Schichtwechsel entfällt, reduzieren sich damit verbundene Übergabekosten und gegebenenfalls Qualitätseinbußen.

Im Ergebnis können Zwölf-Stunden-Schichten den Arbeitsplatz komfortabler gestalten. Dies setzt voraus, dass dem keine gesundheitlichen Bedenken entgegenstehen und der Mitarbeiter körperlich in der Lage ist, seinen Bewachungsauftrag auch über zwölf Stunden lang gewissenhaft ausführen zu können.