Veröffentlicht am: 12.04.2019

Raphael aus der Wiesche

Raphael aus der Wiesche ist am 18.07.1997 in Neu-Ulm geboren. 2016 hat er erfolgreich sein Abitur abgeschlossen und im selben Jahr mit dem Studium der Rechtswissenschaften an der Friedrich-Wilhelms – Universität in Bonn begonnen.
Seit 2017 lebt und studiert er in Berlin.
In seinem Studium interessiert er sich besonders für das allgemeine Sicherheits- und Ordnungsrecht

Das Führungszeugnis

Die mit der gewerbsmäßigen Bewachung einhergehende Übertragung von Verantwortung für fremdes Leben oder Eigentum weckt das Bedürfnis, dass ausschließlich zuverlässige Personen mit dieser Übernahme betraut werden. Daher ist ein makelloses Führungszeugnis eine zentrale Ausübungsvoraussetzung. Die folgenden Absätze behandeln die Frage, wann eine Person ihren Status „unbestraft“ verliert und was passieren muss, um diesen faktisch wieder zu erlangen. Dabei ist ein Geflecht von Tilgungsfristen zu entwirren und zwischen dem einfachen und erweiterten Führungszeugnis zu unterscheiden.

Gesetzlich wird die Thematik hauptsächlich vom Bundeszentralregistergesetz (BZRG) geregelt. Für die Sicherheitsbranche sind ergänzende Bestimmungen der Gewerbeordnung, genauer § 34a GewO, zu beachten.

Unterschied gegenüber Bundeszentralregister

Das Bundeszentralregister enthält Angaben über Einzelpersonen, die im öffentlichen Interesse stehen. Es ist eine Abteilung des Bundesamtes der Justiz in Bonn. Was allgemein als „polizeiliches Führungszeugnis bekannt ist, bezeichnet lediglich einen Ausschnitt des Bundeszentralregisters. Während der Staat unproblematisch Einsicht erhält, kann der Betroffene Auskunft nur durch einen Antrag erhalten. Zu diesem Zweck bekommt er das, was unter dem Begriff Führungszeugnis bekannt ist, zugesandt.

Beim Führungszeugnis ist zwischen dem einfachen und erweiterten Führungszeugnis zu unterscheiden. Letzteres enthält ausführlichere Angaben über die betroffene Person. Im Regelfall stellt das Bundesamt der Justiz das einfache, unter bestimmten Voraussetzungen auch ein erweitertes Führungszeugnis aus.

Bezeichnung als „unbestraft“

Wann eine Person den Status „unbestraft“ trägt, ergibt sich aus § 53 BZRG. Demzufolge dürfen Verurteilte sich als unbestraft bezeichnen und brauchen den der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt nicht zu offenbaren, wenn die Verurteilung

1. nicht in das Führungszeugnis oder nur in ein Führungszeugnis nach § 32 Abs. 3, 4 aufzunehmen oder
2. zu tilgen ist.

Was wird eingetragen?

In § 3 BZRG ist abschließend aufgezählt, welche Tatsachen in das Register mit aufgenommen werden. Dazu zählen:

1. strafgerichtliche Verurteilungen,
2. (weggefallen)
3. Entscheidungen von Verwaltungsbehörden und Gerichten,
4. gerichtliche Entscheidungen und Verfügungen von Strafverfolgungsbehörden wegen Schuldunfähigkeit,
5. gerichtliche Feststellungen nach § 17 Abs. 2, § 18,
6. nachträgliche Entscheidungen und Tatsachen, die sich auf eine der in den Nummern 1 bis 4 genannten Eintragungen beziehen (§§ 12 bis 16, § 17 Abs. 1).

In der Praxis werden hauptsächlich strafgerichtliche Urteile eingetragen. Neben personenbezogenen Daten und der Straftat enthält der Vermerk auch Informationen über etwaige Maßnahmen zur Sicherung und Besserung, Aussetzung der Strafe zur Bewährung oder die Anordnung einer Fahrerlaubnissperre. Ebenso können im Nachhinein Beschlüsse zur Wiederaufnahme des Verfahrens, Amnestien (Strafmilderung) oder Gnadenerweise eingetragen werden.

Ausnahmen

Allerdings werden nicht alle Verurteilungen aufgenommen. Dies ergibt sich aus § 32 BZRG. Sofern es sich nicht um ein Sexualdelikt nach den §§ 174 bis 180, 182 Abs. 3 Strafgesetzbuch (StGB) handelt, sind Ausnahmen möglich. Wenn eine Geldstrafe von höchstens 90 Tagessätzen oder eine Freiheitsstrafe beziehungsweise ein Strafarrest von nicht mehr als drei Monaten verhängt wird und zusätzlich keine Eintragungen bisher bestehen, kommt es nicht zur Eintragung. Zweck dessen ist, den Täter von „Kavaliersdelikten“ vor unzumutbar schwerwiegenden Folgen, beispielsweise bei der Bewerbung auf einen Arbeitsplatz, zu schützen. Dieser Schutzzweck wird durch eine „Ausnahme von der Ausnahme“ in § 32 Abs. 5 BZRG relativiert. Demnach erscheinen bestimmte Straftaten zwar nicht im einfachen, wohl aber im erweiterten Führungszeugnis. Dazu gehören Straftaten gemäß der §§ 171, 180a, 181a, 183 bis 184f, 225, 232 bis 236 StGB.

Dies bedeutet, wer sich beispielsweise wegen der Verbreitung pornographischer Schriften nach § 184 StGB strafbar gemacht hat und zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt wurde, erhält zwar keinen Vermerk in das einfache Führungszeugnis, die Verurteilung ist aber im erweiterten Führungszeugnis sichtbar.

Tilgung

Eintragungen über Verurteilungen können getilgt werden. Unter Tilgung versteht man die vollständige Entfernung des Vermerks. Die Fristen bemessen sich nach der Tat. So variieren die Tilgungsfristen zwischen drei und zwanzig Jahren. Der Grundsatzfall beträgt drei Jahre. Ob eine längere Frist anzuwenden ist, kann in § 34 BZRG nachgelesen werden. Dort sind alle Ausnahmen aufgelistet.

Für die Tilgung allgemein gilt, dass die Fristberechnung mit dem Tag des ersten Urteils beginnt. Nach § 37 BZRG können Tilgungsfristen gehemmt werden. Hemmung meint, dass der jeweilige Zeitraum nicht mitgezählt wird. Eine solche Fristhemmung kommt in Betracht, solange Verurteilte ihr Wahlrecht verloren haben, die Strafe noch nicht erlassen oder eine Maßnahme der Besserung und Sicherung noch nicht erledigt wurde. Erst nachdem die Strafe erlassen wurde, beginnt „die Uhr zu laufen“. Die Rechtsfolge der Tilgung: dem Betroffenen dürfen seine getilgten Einträge nicht mehr vorenthalten werden.

Welches Führungszeugnis für den Arbeitgeber?

Normalerweise kann der Arbeitgeber das Führungszeugnis nicht verlangen, da dort unter Umständen Angaben enthalten sind, die für die zu verrichtende Tätigkeit unbedeutend sind. Das Datenschutzrecht schreibt vor, dass der Arbeitnehmer nur so wenig wie gerade erforderlich von sich preisgeben muss. Anders sieht es in sicherheitsrelevanten Berufen aus. Da die Verantwortung für fremdes Leben oder Eigentum übertragen wird, besteht ein schutzwürdiges Interesse an der Zuverlässigkeit des Bewerbers. Er ist dazu verpflichtet, dem Arbeitgeber das erweiterte Führungszeugnis vorzulegen. Im Verlaufe eines Vorstellungsgesprächs ist der Bewerber außerdem zur Offenbarung über strafrechtliche Ermittlungen ohne Verurteilung verpflichtet. Der Betrieb darf darauf vertrauen, dass ihm alle Informationen, die für die Ausübung der Bewachungstätigkeit von Belang sind, mitgeteilt werden. Diese Offenbarungspflicht bezeichnet man daher im Allgemeinen als Rücksichtnahme- und Treuepflichten.

Sollte es in der Vergangenheit strafrechtliche Ermittlungen gegeben haben, die zu keiner Verurteilung führten, liegt es in der Hand des Personalverantwortlichen, ob er die Person einstellen möchte. Da die gesetzlichen Mindestvoraussetzungen erfüllt sind, kann er alles Weitere aus freiem Ermessen heraus entscheiden.

Auskunftsrecht und Beantragung

Der Antrag ist an das Bundesamt der Justiz in Bonn zu stellen. Da es sich um eine höchstpersönliche Angelegenheit handelt, wird die Auskunft niemals einer anderen Person als dem Betroffenen erteilt. Der Antragsteller hat in jedem Fall seine Identität und – wenn er als gesetzlicher Vertreter handelt – seine Vertretungsmacht nachzuweisen; er kann sich bei der Antragstellung nicht durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen (§ 150 GewO).

Es werden Verwaltungsgebühren in Höhe von 13,00 EUR verlangt. Die Gebühr ist bundesweit gleich hoch und bereits bei Antragstellung zu entrichten. Das Dokument wird dann nach einem Bearbeitungszeitraum ausgehändigt, der üblicherweise zwischen zwei und drei Wochen liegt. In seltenen Fällen benötigt das Amt bis zu fünf Wochen. Die Antragsdauer hängt im Wesentlichen von der Nachfrage ab.

Zuverlässigkeit und unbeschränktes Auskunftsrecht

Bestimmte Behörden können einen Einblick in das Bundeszentralregister nehmen, ohne dass die betroffene Person darüber benachrichtigt wird. Vorausgesetzt, die unbeschränkte Auskunft dient der Verfolgung eines in § 41 BZRG genannten Zwecks. Dazu zählen beispielsweise das Verfahren vor Ausstellung eines Waffenscheins, der Erwerb der Staatsbürgerschaft oder ein Strafverfahren. Das unbeschränkte Auskunftsrecht muss stets auf einer Legitimationsgrundlage beruhen. Dies wird in der Sicherheitsbranche durch § 34a S. 5 Gewerbeordnung (GewO) konstituiert.

Wer gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen bewachen will, benötigt hierfür eine behördliche Erlaubnis. Die Erlaubniserteilung hängt davon ab, ob der Anwärter die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt. Damit ist nicht die fachspezifische Eignung gemeint, sondern das Risikopotential und Verhalten gegenüber der Gesellschaft. So wird die Zuverlässigkeit verneint, wenn der Bewerber eine besondere Nähe zu verfassungswidrigen Parteien oder Organisationen hat.

Weitere Gründe sind nach § 34a S. 4 Nr. 4 GewO:

Die erforderliche Zuverlässigkeit liegt in der Regel nicht vor, wenn der Antragsteller in den letzten fünf Jahren vor Stellung des Antrags wegen Versuchs oder Vollendung einer der nachstehend aufgeführten Straftaten zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Geldstrafe von mindestens 90 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist oder bei dem die Verhängung von Jugendstrafe ausgesetzt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind:

1. Verbrechen im Sinne von § 12 Absatz 1 des Strafgesetzbuches,
2. Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, des Menschenhandels oder der Förderung des Menschenhandels, der vorsätzlichen Körperverletzung, Freiheitsberaubung, des Diebstahls, der Unterschlagung, Erpressung, des Betrugs, der Untreue, Hehlerei, Urkundenfälschung, des Landfriedensbruchs oder Hausfriedensbruchs oder des Widerstands gegen oder des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte oder gegen oder auf Personen, die Vollstreckungsbeamten gleichstehen,
3. Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Arzneimittelgesetz, Waffengesetz, Sprengstoffgesetz, Aufenthaltsgesetz, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz oder das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz oder
4. staatsschutzgefährdende oder gemeingefährliche Straftat.

Zur Überprüfung der Zuverlässigkeit holt die zuständige Behörde eine unbeschränkte Auskunft ein. Ebenso ist eine Stellungnahme der zuständigen Polizeibehörde erforderlich (Landespolizei, zentrale Polizeidienststelle oder Landeskriminalamt). Die Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Wohnort des Betroffenen. In der Stellungnahme wird ausgesagt, ob Anhaltspunkte vorliegen, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit begründen können, soweit Zwecke der Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr einer Übermittlung der tatsächlichen Anhaltspunkte nicht entgegenstehen.

Verurteilung während der Anstellung?

Anfang 2019 wird das elektronische Bewachungsregister in Betrieb genommen. Das Register erfasst alle für die Wachtätigkeit relevanten Angaben über die Zuverlässigkeit und Qualifikationsvoraussetzungen vom Gewerbetreibenden und seinen Beschäftigten. Der Gesetzgeber möchte durch eine Reform des § 34a GewO, also der zentralen Norm in Sachen privater Sicherheit, die Branche stärker kontrollieren und mehr Transparenz schaffen, um so auf die immer größer werdende Einflussnahme der zivilen Sicherheit zu reagieren. Dem Bund steht jederzeit ein unbeschränktes Auskunftsrecht in das Bundeszentralregister zu. Das erweiterte Führungszeugnis muss alle drei Jahre überprüft werden. Der Gewerbetreibende ist außerdem dazu verpflichtet, in Kenntnis genommene Änderungen, die sich auf die Zuverlässigkeit niederschlagen, an die zuständige Behörde zu übermitteln. Wer gegen das Berufsverbot verstößt, kann mit Bußgeldern belegt oder gar zu einer Freiheitsstrafe verurteilt werden.