
Veröffentlicht am: 27.04.2018
Raphael aus der Wiesche
Raphael aus der Wiesche ist am 18.07.1997 in Neu-Ulm geboren. 2016 hat er erfolgreich sein Abitur abgeschlossen und im selben Jahr mit dem Studium der Rechtswissenschaften an der Friedrich-Wilhelms – Universität in Bonn begonnen.
Seit 2017 lebt und studiert er in Berlin.
In seinem Studium interessiert er sich besonders für das allgemeine Sicherheits- und Ordnungsrecht.
Persönliche Schutzausrüstung
Die persönliche Schutzausrüstung (PSA) schützt vor betriebsbedingten Gefährdungen der Sicherheit und sichert die Gesundheit von Beschäftigten. Bei Nichtbeachtung der gesetzlichen Standards kann es für Arbeitgeber oder Arbeitnehmer teuer werden. Im Ernstfall greift der Versicherungsschutz nicht. Durch eine neue europäische Verordnung wurden die Anforderungen verschärft und gelten für den gesamteuropäischen Raum.
I. Was ist PSA?
Zur persönlichen Schutzausrüstung (PSA) zählt jede Ausrüstung, die dazu bestimmt ist, von den Beschäftigten benutzt oder getragen zu werden, um sich gegen eine Gefährdung für ihre Sicherheit und Gesundheit zu schützen. Jede PSA ist in eine von drei Risikokategorien einzuordnen. Die Definitionen sind rein risikobasiert. Die neue europäische PSA-Verordnung (EU) 2016/425 enthält eine abschließende Aufzählung, in welche Kategorie ein Produkt einzuordnen ist. Je nach Risikokategorie gelten unterschiedliche Anforderungen an die Herstellung und den Vertrieb von PSA.
1. PSA der Kategorie I: Schutz gegen geringe Risiken
Die erste Kategorie umfasst PSA, die vom Anwender bei leichten Tätigkeiten mit nur oberflächlichen Auswirkungen getragen wird. Die ausgehende Gefahr muss so gering sein, dass der Benutzer das Risiko selbstständig erkennen und bewerten kann. Hierzu zählen beispielsweise der Umgang mit schwach aggressiven Reinigungsutensilien oder Hitze bis 50°C. Ebenso sind Ski- und Sonnenbrillen der Kategorie I zuzuordnen. Wetterschutzkleidung/-zubehör zum professionellen Gebrauch ist dieser Gruppe zugehörig, sofern es nicht zum Schutz vor extremen Wetterbedingungen dient. Gleiches gilt für Schutzkleidung/-zubehör bei Arbeiten mit leichter mechanischer Beanspruchung.
2. PSA der Kategorie II: Schutz gegen mittlere Risiken
In Kategorie II gehört alles, was nicht in die Kategorien I oder III fällt. Generell sollen diese Produkte einen Standardschutz gegenüber mechanischen Risiken gewährleisten. Dazu zählen Lärmschutzmaßnahmen, Schutzhelme, Gesichtsschutz und Arbeitsschuhe. Außerdem fällt Schutzkleidung/-zubehör jeglicher Art inklusive Sportschutzkleidung und Infektionsschutzkleidung zur PSA der Kategorie II. Knieschoner und Rückenprotektoren sind dieser Gruppe zugehörig, wenn sie vor Zusammenstößen mit weiteren Personen schützen sollen. Von großer Relevanz sind im Übrigen Warnschutzkleidung und Warnzubehör. Diese gelten als PSA, sofern es sich nicht um hoch sichtbare Kleinteile wie reflektierende Schlüsselanhänger oder Rucksäcke mit Reflexstreifen handelt.
3. PSA der Kategorie III: hohe Risiken
In die dritte Kategorie ist komplexe Schutzausrüstung einzuordnen, die zur Abwendung tödlicher Gefahren dient oder irreversible Gesundheitsschäden verhindert. Die Gefahr ist unkalkulierbar, und man muss annehmen, dass das unmittelbare Risiko vom Nutzer nicht erkennt oder kontrolliert werden kann. Dazu zählen insbesondere drohende Verletzungen durch Projektile oder Messerstiche, Schnittverletzungen durch Kettensägen, ionisierende Strahlung oder Temperaturen von 100°C oder mehr bzw. – 50°C oder weniger. Gleichwohl erfordern Tätigkeiten mit gesundheitsgefährdenden chemischen oder biologischen Stoffen Schutzausrüstung der Kategorie III. Ausrüstung zum Schutz vor elektrischen Risiken ist zur Gruppe III zu zählen, sofern Wechselspannung größer 50 Volt oder Gleichspannung größer 75 Volt vorliegt. Außerdem gehören Absturzsicherungen jeglicher Art und deren Zubehör sowie etwaiges Befestigungsmaterial und Maßnahmen, die vor dem Ertrinken schützen, in die dritte Kategorie.
Wann ist ein Produkt überhaupt als PSA anzusehen?
Nicht nur die Abgrenzung innerhalb der einzelnen Risikoklassen kann Schwierigkeiten bereiten, sondern auch die Frage, ob ein Produkt überhaupt als persönliche Schutzausrüstung zu bewerten ist. Grundsätzlich orientiert sich dies an der Definition, wonach alles Teil der PSA ist, was den Beschäftigten vor Gefährdungen gegen die eigene Sicherheit und Gesundheit schützt. Hierbei sind allerdings folgende Ausnahmen zu beachten:
1.Arbeitskleidung und Uniformen, die nicht speziell der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten dienen,
2. Ausrüstungen für Not- und Rettungsdienste,
3. Schutzausrüstungen für die Bundeswehr, den Zivil- und Katastrophenschutz, die Polizeien des Bundes und der Länder sowie sonstige Einrichtungen, die der öffentlichen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung dienen,
4. Schutzausrüstungen für den Straßenverkehr, soweit sie verkehrsrechtlichen Vorschriften unterliegen,
5. Sportausrüstungen,
6. Selbstverteidigungs- und Abschreckungsmittel sowie tragbare Geräte zur Feststellung und Signalisierung von Gefahren und Gefahrstoffen gelten nicht als PSA.
II. Neue europäische PSA-Verordnung (EU) 2016/425
Ab dem 21. April 2018 tritt die neue PSA-Verordnung 2016/425 in Kraft, in der Anforderungen an den Entwurf und die Herstellung von PSA geregelt sind und nach welchen Anhaltspunkten ein konkretes Produkt in die zugehörige Risikokategorie eingeordnet wird. Die Verordnung ersetzt nationale Regelungen des Arbeitsschutzes und führt zu einer Angleichung von Sicherheitsstandards auf dem europäischen Binnenmarkt. Während früher nur Hersteller der Kontrolle unterzogen wurden, erfasst die neue Verordnung auch Händler und Importeure.
Produkte der ersten Kategorie unterliegen fortan internen Fertigungskontrollen. Persönliche Schutzausrüstung, die Schutz vor Risiken der Gruppe II leistet, muss zusätzlich einer Baumuster-Prüfung standhalten. Die Kontrollen werden von notifizierten Stellen mit entsprechender Baumuster-Prüfbescheinigung durchgeführt. Produkte der dritten Kategorie werden nicht nur einer internen Fertigungskontrolle und Baumuster-Prüfung unterzogen. Zusätzlich werden Produktprüfungen oder Prüfungen des Produktionsprozesses in unregelmäßigen Abständen durchgeführt. Nach bestandener Prüfung werden dem Hersteller, Händler oder Importeur Zertifikate mit einer Gültigkeitsdauer von fünf Jahren verliehen.
III. Pflichten Arbeitgeber
Die Pflichten des Arbeitgebers richten sich nach den §§ 2, 3 PSA-BV. Demnach ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, die geeignete PSA auszuwählen und seinen Beschäftigten zur Verfügung zu stellen. Es ist empfehlenswert, Hersteller, Betriebsarzt oder eine Fachkraft für Arbeitssicherheit hierfür miteinzubeziehen. Gemäß § 12 Arbeitsschutzgesetz ist eine Unterweisung erforderlich. Inhalt der Unterweisung sind die Handhabung, Benutzung, Aufbewahrung und das Erkennen von Schäden an der Schutzausrüstung. Bei der Unterweisung hat der Arbeitgeber die Beschäftigten darin zu unterrichten, wie die PSA sicherheitsgerecht benutzt wird. Soweit erforderlich, führt er eine Schulung in der Benutzung durch. Die Unterweisung umfasst Anweisungen und Erläuterungen, die eigens auf den Arbeitsplatz oder den Aufgabenbereich der Beschäftigten ausgerichtet sind. Sie ist vor Aufnahme der Tätigkeit durchzuführen, muss an die Gefährdungsentwicklung angepasst sein und erforderlichenfalls regelmäßig wiederholt werden. Der Arbeitgeber muss die Unterweisung unter Berücksichtigung der Qualifikation und der Erfahrung der Angestellten vornehmen. Dies meint, dass erforderliche Informationen für die Benutzung in verständlicher Form und Sprache bereitgehalten werden.
Im Übrigen hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass Gesundheitsgefahren oder hygienische Probleme nicht auftreten. Werden mehrere persönliche Schutzausrüstungen gleichzeitig vom Beschäftigten benutzt, muss der Arbeitgeber diese Schutzausrüstungen so aufeinander abstimmen, dass die Schutzwirkung der einzelnen Ausrüstungen nicht beeinträchtigt wird. Ferner ist er dafür verantwortlich, dass die PSA während der gesamten Betriebsdauer einwandfrei funktioniert. Dazu hat der Arbeitgeber Wartungs-, Reparatur- und Ersatzmaßnahmen sowie eine ordnungsgemäße Lagerung vorzunehmen. Dazu bietet sich ein offizielles Materiallager für die Ausrüstung an.
IV. Pflichten Arbeitnehmer
Die Beschäftigten und gegebenenfalls auch externen Kunden sind dazu verpflichtet, die ihnen überlassene PSA bestimmungsgemäß zu nutzen. Arbeitnehmer sind für die regelmäßige Reinigung und sachgerechte Pflege ihrer persönlichen Schutzausrüstung verantwortlich. Vor der Benutzung ist sicherzustellen, dass die PSA funktionstüchtig ist. Bei festgestellten Mängeln ist die Tätigkeit unverzüglich zu unterbrechen und dem Arbeitgeber anzuzeigen.