Veröffentlicht am: 02.09.2021

Interviewpartner Terje van der Leeden, hauptberuflich Notfallsanitäter im Rettungsdienst der Hansestadt Lübeck und Master-Student an der Hochschule Bremerhaven im Studiengang „Integrated Safety & Security Management“, ist Gesellschafter und technischer Geschäftsführer der S.P.U. Solutions GmbH in Hamburg.

„Erfolg entsteht auch im Kopf“

Von der Presse kritisiert, von der Branche mit Interesse beobachtet: Terje van der Leeden über den umstrittenen S.P.U.-Einsatz in Hamburg und die Mischkalkulation in Sachen Qualität

Marktplatz Sicherheit: Herr van der Leeden, der Einsatz Ihres privaten Sicherheitsdienstes als Subunternehmer zur Objektsicherung eines Restaurantgebäudes auf St. Pauli in Hamburg liegt jetzt mehrere Monate zurück. Das Outfit Ihrer Leute stieß in der Presse auf große Aufregung – zu martialisch. Aus der Branche hingegen gab es auch positive Resonanz. Damals haben Sie den Einsatz auf ganzer Linie verteidigt. Stehen Sie heute mit zeitlichem Abstand immer noch dazu?

Terje van der Leeden: Wir stehen nach wie vor zu unserem Einsatz und der eingesetzten Dienstkleidung. Wir haben eine professionelle und qualitativ hochwertige Sicherheits-Dienstleistung erbracht, bei der alle Mitarbeitenden sicher und unverletzt ihren Dienst verrichten konnten. Dafür schulen und trainieren wir sie mehrfach im Jahr, denn nur so können wir professionelle Sicherheit gewährleisten. Zusammen mit allen Beteiligten haben wir den Einsatz im Nachgang genauestens analysiert und lassen die Erfahrungen und Anregungen in weitere Vorbereitungen für künftige Einsätze mit einfließen.

Wir brauchen die Diskussion nicht zu wiederholen, sollten der Klarheit wegen nur zwei Punkte klären: § 19 der Bewachungsverordnung besagt, dass sich die Dienstkleidung eines Sicherheitsdienstes von den Uniformen der Angehörigen von Streitkräften oder behördlichen Vollzugsorganen deutlich unterscheiden muss und keine Abzeichen verwendet werden, die Amtsabzeichen zum Verwechseln ähnlich sind. Aus Ihrer Sicht haben Ihre vermummten Mitarbeiter in schwarzer Montur nicht dagegen verstoßen?
Das ist richtig, es bestand zu keiner Zeit Verwechslungsgefahr, schon alleine deshalb nicht, weil bei jedem Mitarbeitenden mindestens sieben Mal die Aufschrift „Security“ zu lesen war. Dass wir Masken verwendet haben, war alleine dem Schutz der Mitarbeitenden geschuldet – sowohl mit Blick auf die Corona-Vorschriften als auch auf die Tatsache, dass im Vorfeld eine Gefährdungsbeurteilung erstellt wurde, die auch auf die Tatsache einging, dass Fotos und Privatadressen von Beteiligten des Baukonsortiums veröffentlicht worden waren. Das höchste Gut für uns sind unsere Mitarbeitenden – und die gilt es um jeden Preis zu schützen, auch wenn das von der Allgemeinheit nicht sofort anerkannt beziehungsweise verstanden wird.

Ein zweiter Vorwurf war, dass manche Ihrer Sicherheitskräfte die „dünne blaue Linie“ auf der Einsatzkleidung trugen, die als Symbol rechter Kreise gilt.
Wir haben uns intensiv mit dieser Symbolik befasst. Wir verurteilen den Missbrauch der „dünnen blauen Linie“ durch rechte Gruppierungen, doch vor allem verurteilen wir jegliche Form von Rassismus oder Hetze im Alltag. Tatsächlich werden die Zeichen vor allem von Menschen verwendet, die erklären, dass sie sich mit der Polizei solidarisch erklären. Unsere Leute wollen damit ausdrücken: Wir stehen zur deutschen Polizei, besonders in einer Zeit, in der es immer öfter gewalttätige Angriffe auf Polizei- und Rettungskräfte gibt. Um mehr geht es nicht, aber auch nicht um weniger.

Waren Sie von den Reaktionen in den Print-, Online- und Sozialen Medien überrascht?
Ja und nein. Zum einen hatten wir erwartet, dass der Einsatz zu Diskussionen führen würde, zum anderen hatten wir aber nicht mit dieser Vehemenz gerechnet. Von Anfang an war es aber unser Ziel, transparent mit den Entscheidungen umzugehen, die wir als Unternehmen bewusst getroffen hatten.

Die Gelassenheit nehme ich Ihnen nicht ganz ab. Es war nicht leicht, mit Ihnen als vielbeschäftigtem Geschäftsmann einen Termin für dieses Interview zu vereinbaren. Doch haben Sie seinerzeit einem Podcaster ein Interview gegeben, der sich durch nicht viel mehr auszeichnet als sein gesichtsfüllendes Brillengestell aus den mutmaßlich 1980er Jahren, das offensichtlich nicht einmal richtig sitzt, denn er schiebt es mit leidenschaftlicher Regelmäßigkeit vom vorderen Nasenteil nach hinten. Wer einem Influencer ohne Einfluss Rede und Antwort steht, muss doch verzweifelt sein.
Das hat mit Verzweiflung nichts zu tun. Wir müssen dabei zugeben, dass er uns zuvor nicht bekannt war. Wir haben uns jedoch auf die Fahne geschrieben, ein transparentes Unternehmen zu sein, daher haben wir auch ihm ein Interview gewährt. Leider hat er dies zu seinen Gunsten missbraucht, was uns von der Seriosität seiner Person und seiner Tätigkeit als eigens ernannter Experte beziehungsweise Sicherheitsberater nicht überzeugt hat. Heute würden wir ihm diese Plattform nicht mehr bieten.

Wer sich näher mit Ihrer S.P.U. Solutions GmbH befasst, hat den Eindruck, dass hier ein neuer Marktteilnehmer ein bisschen frischen Wind in die Branche bringt. Sie haben es geschafft, mit einem streitbaren Einsatz vor aller Augen nicht nur Ablehnung, sondern auch positives Interesse zu wecken. Die Zusammensetzung Ihrer Mitarbeiter ist ungewöhnlich, Und Sie selbst wirken höchst authentisch und smart im öffentlichen Auftritt. Man kann es kaum glauben: Marketing im Sicherheitsgewerbe ist möglich! Fassen Sie doch mal in eigenen Worten zusammen, was an S.P.U. „anders“ ist.
Wir sind im März 2020 angetreten, um Sicherheits-Dienstleistungen in hoher Qualität anzubieten. Allerdings hatten wir zunächst nur ein Geschäftsfeld im Auge, nämlich Event Security. Durch Corona mussten wir das Konzept praktisch über Nacht ändern – nicht jedoch den Qualitätsanspruch und das Ziel, langsam, aber nachhaltig zu wachsen. Wir bieten eine Mischung der unterschiedlichsten Sicherheits-Dienstleistungen an, vom Doorman über Safety & Security Consulting bis hin zur RISC-Einheit („Rapid Intervention & Support Crew“) für Einsatzlagen mit erhöhtem Gefährdungspotenzial wie Fußballspiele, Demos, Großveranstaltungen und Ähnliches. Dabei haben wir festgestellt, dass auch die Segmente Sanitätsdienst, Brandschutz sowie Fort- und Weiterbildung eng mit der Sicherheitsbranche verzahnt sind. Deshalb haben wir sie bei der Firmengründung ebenfalls als eigenständige Leistung mit in unser Portfolio aufgenommen, frei nach dem Motto: Alles aus einer Hand. Derzeit sind fünf Vollzeit- sowie rund 25 Teilzeitmitarbeiter bei uns beschäftigt. Das Besondere: Die meisten davon sind bei uns im Nebenjob im Einsatz und arbeiten im Schichtdienst. Hauptberuflich sind viele Notfall- und Rettungssanitäter oder auch bei der Feuerwehr engagiert. Sie bringen also schon von sich aus eine hohe Qualifikation in Sicherheitsangelegenheiten mit, was große Synergieeffekte für unsere Arbeit bedeutet.

Eine Sicherheitsfirma mit einer weitgehend nebenberuflichen Belegschaft – wie soll das funktionieren?
Mit einer guten Dienstplanung funktioniert das sogar bestens. Wir halten stets ein Team vor, das innerhalb von 24 Stunden einsatzfähig ist. Durch unseren hohen Ausbildungsstandard ist gewährleistet, dass für alle anfallenden Aufgaben das richtige Fachpersonal zur Verfügung steht. Übrigens sieht niemand von uns die Tätigkeit für S.P.U. als „Nebenjob“ an, sondern als Bereicherung für die eigene Karriere. Erfolg entsteht nämlich auch im Kopf eines jeden einzelnen Mitarbeitenden.

Sie werden nicht müde, auf die umfassende Qualifikation Ihrer Leute hinzuweisen. Damit befinden Sie sich in guter Gesellschaft, denn das behaupten alle von sich. Wie steht’s mit dem Nachweis?
Ich lade Sie herzlich dazu ein, an einem unserer Lehrgänge teilzunehmen, um sich zu überzeugen. Das gilt auch für alle potenziellen Kunden. Zu 90 Prozent erfolgt die Aus- und Fortbildung übrigens mit unseren eigenen zertifizierten Trainern beziehungsweise Ausbildern. Mit ihnen schulen wir darüber hinaus kommunale Ordnungsbehörden sowie Kooperationspartner. Über einen zu niedrigen Standard hat sich bis heute niemand beschwert. Viele Unternehmen versprechen nur auf ihrer Website ein Qualitätsmanagement und hohe Dienstleistungsqualität. Da wir unser Konzept jedoch wirklich verinnerlicht haben, setzen wir es auch bei allen Aufträgen um. Dort liegt der große Unterschied zu anderen Unternehmen. Alle Mitarbeitenden „leben“ das Konzept „S.P.U. Solutions“.

Wenn Sie Ihre Aufträge tatsächlich mit so hohen Qualitätsstandards durchführen, wie Sie sie gerade beschrieben haben, dann ist das eine teure Sache. Sie könnten niemals solche Preise verlangen, wie sie der Großteil des Marktes akzeptieren würde, die öffentliche Hand – für die Sie ja in Hamburg tätig waren – schon gar nicht.
Sie haben Recht – Qualität ist nicht immer wettbewerbsfähig, schon gar nicht im Sicherheitsgewerbe. Das ist bei uns stets, wie sicherlich bei vielen Wettbewerbern auch, eine Mischkalkulation. In diesem Bewusstsein sind wir auch gestartet – in der Hoffnung, dass sich das eines Tages rechnen wird. Und ob Sie’s glauben oder nicht: Wir haben es immer wieder mit Kunden zu tun, die hohe Qualitätsansprüche haben und bereit sind, das auch zu bezahlen. Auf der anderen Seite ist es nicht nur einmal passiert, dass wir einen Auftrag ablehnen mussten, weil Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis zueinander stehen würden. Wer Qualität möchte, der muss auch einen fairen Preis zahlen und darf sich dann hinterher nicht beschweren, wenn der beauftragte Dumpingpreis-Sicherheitsdienst nicht die gewünschte Leistung erbringen kann. Unsere Erfahrung ist jedenfalls, dass sich jede Investition in die Mitarbeitenden immer lohnt. Vielleicht färben wir ja auf andere ab, wenn sich herumspricht, dass unser Weg zwar ein langwieriger, aber dennoch erfolgreicher ist.

Wenn Sie so hehre Ansprüche haben, dann sollten Sie das auch dadurch dokumentieren, dass Sie Mitglied in einem der beiden Sicherheitsverbände BDSW oder BVMS werden.
Sie werden lachen: Der Mitgliedsantrag für den BVMS liegt bereits auf meinem Schreibtisch. Ich muss ihn nur noch ausfüllen.