Veröffentlicht am: 01.07.2020
Interview: Marcus Heide
Foto: Bernd M. Schäfer
Bernd M. Schäfer
Interviewpartner Dipl.-Betriebswirt (FH) Bernd M. Schäfer ist Geschäftsführender Gesellschafter der ATLAS Versicherungsmakler für Sicherheits- und Wertdienste GmbH. Als Teil der 1845 gegründeten Unternehmensgruppe Burmester, Duncker & Joly (BDJ) zählt die Gesellschaft mit insgesamt 90 Mitarbeitern zu den zehn größten inhabergeführten Industrie-Versicherungsmaklern in Deutschland. Im Jahr 2020 feiert BDJ das 175-jährige Firmenjubiläum. ATLAS selbst ging 2002 an den Start.
„Es ist ein gutes Gefühl, Teil der Lösung für ein existenzielles Problem zu sein“
Marcus Heide im Interview mit
Bernd M. Schäfer · Geschäftsführender Gesellschafter der ATLAS Versicherungsmakler für Sicherheits- und Wertdienste GmbH
Warum der Versicherungsmakler ATLAS derzeit 20 Prozent auf den Preis der Bewachungs-Haftpflichtversicherung nachlässt
Marktplatz Sicherheit: Herr Schäfer, im Vertriebstraining gehört es zu den zentralen Lehren, Rabatte nicht von sich aus zu gewähren, sondern erst wenn der potenzielle Kunde darauf zu sprechen kommt. Nun wirbt ATLAS als marktführender Versicherungsmakler für die Sicherheitswirtschaft offensiv mit 20 Prozent Nachlass für die Bewachungs-Haftpflichtversicherung bei mindestens gleichem Versicherungsschutz und ab einem Jahresbetrag von 5.000 Euro. Ist das als eine Art Sozialhilfe für Corona-gebeutelte Sicherheits-Dienstleister zu verstehen?
Bernd M. Schäfer: Seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie und den damit verbundenen Betriebseinschränkungen und -schließungen in zahlreichen Branchen fällt besonders ein Satz auffällig oft: Wir sitzen alle im gleichen Boot. Da ist was dran. Wenn ein Open-Air-Konzert nicht stattfinden darf, muss nicht nur der Veranstalter den Umsatz in den Wind schreiben, sondern auch die Band, die Event-Techniker, die Merchandiser und nicht zuletzt die Sicherheits-Dienstleister. Die mittelfristige Perspektive ist auch für Letztere derzeit unklar. Zwar scheinen viele Unternehmen relativ gut durch die ersten Monate der Pandemie gekommen zu sein. Dem Totalausfall bei Veranstaltungs- und Messediensten sowie bei den Personenkontrollen an Flughäfen und den deutlichen Umsatzrückgängen im Geld- und Werttransport stehen Mehreinnahmen durch die Ordnungsdienste bei Supermärkten und Flüchtlingsunterkünften sowie zunehmend auch in den wieder geöffneten Biergärten gegenüber. Gleichwohl ist mit Insolvenzen zu rechnen. Davon bleibt – gleiches Boot! – ein auf die Sicherheitsbranche spezialisierter Versicherungsmakler nicht unberührt. Deshalb muss auch uns daran gelegen sein, unsere Kunden dabei zu unterstützen, die Krise zu überstehen.
Unterstützen bei der Kostenreduktion?
Ganz genau. Letztlich stellen derzeit alle Unternehmen ihre Kostenstruktur auf den Prüfstand. Meist steht die Bewachungs-Haftpflichtversicherung im Fokus, da die Kosten dafür oft im Verhältnis zu anderen Versicherungen hoch sind. Anders als beispielsweise bei Kfz-Policen – der meist zweite große Kostenblock – gibt es hier keinen einheitlichen Versicherungsschutz. Es gibt am Markt Deckungskonzepte, die trotz eines hohen Beitrags erhebliche Mängel aufweisen. Zudem sind Kfz-Policen sehr von Schadensquoten getrieben, sodass es wenig Verhandlungsspielraum gibt. In der Bewachungs-Haftpflichtversicherung kommt es darauf an, dass ein guter Versicherungsschutz, der mindestens dem Umfang der DIN 77200-1 entsprechen sollte, mit dem besten Preis kombiniert wird.
Um mögliche Wissenslücken zu schließen. Die Bewachungs-Haftpflichtversicherung…
…muss jedes Sicherheits-Unternehmen pflichtgemäß nach § 14 BewachV abschließen, um die Zulassungsvoraussetzung nach § 34a GewO zu schaffen. Sie ersetzt generell jene Personen-, Sach- und Vermögensschäden, die ein Unternehmen über seine Mitarbeiter anderen zufügt. Beispiel Vermögensschaden: Der Pfortenmitarbeiter eines Wachdienstes löst versehentlich einen Feueralarm aus, die unnötig angerückte Feuerwehr stellt eine Rechnung über 1.500 Euro. Mindestens muss Versicherungsschutz in Höhe von 12.500 Euro bestehen, das ist die Summe der Pflichtversicherung. Viele Unternehmen haben unwissentlich tatsächlich nicht mehr versichert, denn in vielen Fällen sind die hervorgehobenen Versicherungssummen für Vermögensschäden mit beispielsweise 1.000.000 Euro durch Ausschluss im Kleingedruckten inhaltsleer. Das Problem bei Vermögensschäden ist nicht, den Verstoß nachzuweisen, sondern den Schaden an sich.
In welchem Zusammenhang steht die Bewachungs-Haftpflicht mit der Covid-19-Lage?
Nehmen Sie zum Beispiel den immer noch hohen Krankenstand. Die Sicherheitsfirmen versuchen trotzdem, für ihre Kunden die geschuldeten Leistungen zu erbringen. Daraus können Schäden entstehen, etwa wenn ungeeignete Mitarbeiter im Einsatz sind – zum Beispiel Fehlbedienung von technischen Anlagen bei unzureichender Einweisung. Die Haftung ist dann häufig unstrittig. In vielen Fällen wird die Betriebshaftpflichtversicherung solche Schäden auch bei ungeeigneten Mitarbeitern tragen. Wurde der Mitarbeiter allerdings aufgrund einer Anweisung oder mangelhafter Kontrolle von einem Repräsentanten eingesetzt, zum Beispiel dem Geschäftsführer, so kann es sich um eine so genannte Obliegenheitsverletzung handeln, die den Haftpflichtversicherer leistungsfrei stellen kann.
Wie steht es bei einer Sicherheitskraft, bei der Corona diagnostiziert wird, sodass der Auftraggeber die Reinigung seiner Liegenschaft auf Kosten des Sicherheitsunternehmens verlangt?
Auch hierbei handelt es sich um einen Vermögensschaden. Ob eine Haftung besteht, ist zwar im Einzelfall zu prüfen, aber ich würde nicht darauf wetten. Relevant ist jedoch, ob und in welcher Höhe Versicherungsschutz besteht, da darunter auch die Abwehr von unberechtigten Ansprüchen fällt. Vermögensschäden sind in vielen Verträgen mit Summen in Millionenhöhe versichert. Leider sind gerade die Schäden aus mangelhaft erbrachten Leistungen, um die es hier geht, in der klassischen Betriebshaftpflichtversicherung ausgeschlossen. Versicherungsschutz besteht für Sicherheits-Dienstleister nur über die Position der Vermögensschäden nach § 14 BewachV. Da es sich um eine Pflichtversicherung handelt, darf der Versicherer hier nichts ausschließen. Doch da haben eben viele Unternehmen, wie eben geschildert, nur Versicherungsschutz in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe abgeschlossen, also 12.500 Euro. Immer wieder finden wir auch mal Beträge von 20.000 Euro, die genauso wenig ausreichen.
Als Geheimtipp macht gerade die Betriebsschließungsversicherung auch im Sicherheitsgewerbe die Runde, sozusagen als Präventivmaßnahme für die nächste Pandemie. Was ist davon zu halten?
Hier toben gerade heftigste Auseinandersetzungen zwischen deutschen Versicherern und ihren Firmenkunden Die Versicherer haben diese Policen und Deckungen mit Pauschalanspruch für Hotels, Restaurants sowie produzierende Betriebe verkauft – wenig Risiko, aber gut fürs Marketing. Nun realisieren sie, dass je nach Bedingungswerk eine Pandemie dieser Art nicht ausgeschlossen ist. Strittig sind die Fragen, ob im Betrieb selbst Covid-19 festgestellt sein muss und ob eine Allgemeinverfügung aus präventiven Gründen genügt, um die Leistungspflicht überhaupt auszulösen. Unter den Versicherern geht derzeit die Angst vor Zahlungen in dreistelliger Millionenhöhe um. Am liebsten würden sie sich von weitergehenden Haftungsansprüchen freikaufen. Die meisten Versicherer bieten eine Zahlung von 15 Prozent der Versicherungssumme. Wie auch immer das ausgeht – steigende Schadensquoten und sinkende Beitragseinnahmen infolge sinkender Umsätze bilden für das einzelne Unternehmen eher keine guten Voraussetzungen für individuelle Verhandlungen über Beitragsreduzierungen. Dem setzen wir unsere 20 Prozent in der Bewachungs-Haftpflicht entgegen. Erreichen können wir dies in diesem schwierigen Umfeld auch, weil wir unsere Marktmacht ausspielen und auf mehrere Rahmenvereinbarungen mit ausgezeichneten Konditionen zurückgreifen können.
Wie reagieren die Unternehmen darauf?
Tatsächlich machen viele davon Gebrauch. Wir konnten in bisher allen Fällen deutlich höhere Einsparungen als die garantierten 20 Prozent realisieren, in einem Fall sogar fast 33 Prozent. Die funktioniert auch deshalb, weil wir als echter Makler nach Auswertung des Risikoerfassungsbogens unter den 14 Betriebshaftpflicht-Versicherern, mit denen wir zusammenarbeiten, den aussuchen, der für dieses Unternehmen am geeignetsten ist. Und das ist eben nicht immer derselbe. Unsere neuen Kunden kommen so in den Genuss des besten Bedingungswerks für Sicherheits-Dienstleister in Deutschland und sparen noch Geld. Sie erreichen damit den Standard, den wir als Marktführer für unsere Bestandskunden schon seit langem realisiert haben. Bei unseren Bestandskunden haben wir durch Änderung der Zahlweise bis auf monatliche Zahlweise ohne Ratenzahlungszuschlag oder dem Absenken des Mindestbeitrags schon früh auf die Krise reagiert. Wir erhalten deshalb viel Anerkennung für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit als Unterstützer der Branche. Nur so ist es auch zu erklären, dass unsere langjährigsten Kunden schon fast 25 Jahre von mir betreut werden. Man behält nach der Krise diejenigen in Erinnerung, die einem während der Krise zur Seite gestanden haben. Es gibt meinem Team und mir ein gutes Gefühl, Teil der Lösung für ein existenzielles Problem unserer Branche zu sein. Wir sehen uns in erster Linie als Teil der Sicherheitswirtschaft und erst in zweiter Linie als Teil der Versicherungswirtschaft.